Gespräch mit dem Präsidenten und dem Direktor AM Suisse

Jahr der Veränderung

Ein Gespräch mit Peter Meier, Präsident AM Suisse, und Bernhard von Mühlenen, Direktor AM Suisse. 

Peter Meier, Zentralpräsident (re.), und Bernhard von Mühlenen, Direktor AM Suisse 

Über die Coronakrise mögen wir kaum noch sprechen. Trotzdem die Frage: Konnten Sie der Pandemie auch eine gute Seite abgewinnen? 

Bernhard von Mühlenen: Die Coronakrise war ein Steilpass für die digitale Transformation. Sie beschleunigte Prozesse, die schon länger im Gange sind. Viele Unternehmen waren vor der Pandemie eher zögerlich, neue Arbeitsmethoden und Konzepte einzuführen sowie digitale Hilfsmittel wie beispielsweise Videokonferenzen einzusetzen. Mit dem ersten Lockdown und der Homeoffice-Pflicht waren sie gezwungen, diesen Schritt quasi über Nacht zu wagen. Viele Mitarbeitende mit Büroarbeitsplätzen arbeiteten seither flexibel, nahezu ortsunabhängig und konnten «Routinesitzungen» per Videokonferenz erledigen. Die Pandemie eliminierte auf einen Schlag vorhandene ICT-Hemmschwellen und Bedenken. Sie weckte auf allen Ebenen das Interesse, neue Technologien und Methoden für sich zu nutzen. 

Peter Meier: Mancher Unternehmer hinterfragte sich, ob Aktivitäten und Arbeitsabläufe, die früher als wichtig galten, noch erforderlich sind, beispielsweise die tägliche Besprechung in einem Sitzungszimmer immer zur gleichen Zeit. Heute plant man Sitzungen zielgerichteter. Mitunter gewinnt man dabei Zeit, da bei einer Videobesprechung mühsame Staus und lange Anfahrtswege wegfallen. Doch trotz der führungs- und kommunikationstechnischen Veränderungen, die die Unternehmen gut gemeistert haben: Für uns als Verband bleibt der persönliche Austausch zwischen Geschäftsstelle, Milizpersonen und Mitgliedern essenziell. Wir Menschen sind soziale Wesen. Wir wollen die Emotionen unseres Gegenübers spüren, brauchen Signale, die nonverbale Kommunikation, um Entscheide fällen zu können. Ich habe den Eindruck, dass sich die Leute freuen, ihren Geschäftspartnern und Arbeitskollegen wieder persönlich begegnen zu können. 

Was war Ihr persönliches Verbands-Highlight 2021? 

Peter Meier: Es gab mehrere Highlights, allen voran, dass wir die Delegiertenversammlung 2021 – nachdem sie im Vorjahr nur virtuell stattfinden konnte – wieder vor Ort durchführen durften, wenn auch in einem reduzierten Format im Bildungszentrum Aarberg (BZA). Mein Dank gilt insbesondere dem Leiter des BZA, Paul Andrist, und all denjenigen Personen, die den Anlass innert kürzester Zeit organisierten und möglich machten. Auch das jährliche Ehrenmitglieder-Treffen fand nach einem Jahr Unterbruch wieder physisch statt. Weiter haben wir die Statutenrevision sowie die Änderungen des Finanz- und Beitragsreglements erfolgreich abgeschlossen und die vier Sparten unseres Verbandes verzeichneten einen positiven Jahresabschluss. Das BZA hat als eigene Sparte einen Schulvorstand erhalten, welcher seine Tätigkeit aufnahm. Erfolgreich startete die AM Suisse-Unternehmensseite auf der Social-Media-Plattform Linkedin mit den vier Fokusseiten BZA, Agrotec Suisse, Metaltec Suisse und Farriertec Suisse. Zusammen mit dem bestehenden elektronischen Newsletter garantieren die neuen Kommunikationskanäle eine schnelle, zielgerichtete Verbandskommunikation auf hohem Niveau. Ein weiterer Höhepunkt im Verbandsjahr war der Antritt von Bernhard von Mühlenen als neuer Direktor von AM Suisse. Er hat am 1. Juli 2021 übernommen und folgte auf Christoph Andenmatten, der in den wohlverdienten Ruhestand getreten ist. Bernhard von Mühlenen ist ein ausgewiesener Kenner unserer Branchen und des Verbandswesens. Ich freue mich sehr, mit ihm zusammen den Verband in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. 

Bernhard von Mühlenen: Eine erfreuliche Erkenntnis für mich war, festzustellen, was unsere Partnerverbände wie der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) hinter den Kulissen des politischen Betriebs in Bern bewirken. Dank ihres beharrlichen Einsatzes und Lobbyings im Interesse der KMU konnten während der Pandemie die Verkaufsräumlichkeiten und die Werkstätten der Mitgliedsbetriebe weitestgehend offengehalten werden. Auch was die rasanten Veränderungen betreffend Regulierung, Vorschriften, Gesetze, Normen, Umwelt und so weiter angeht, ist die Zusammenarbeit mit anderen Wirtschaftsverbänden von grosser Bedeutung. Geeint können wir den Überblick behalten und Trends rechtzeitig erkennen, um den Gesetzgebungsprozess zu beeinflussen und etwas zu erreichen. Ganz im Sinne unseres Verbandsleitsatzes «In Partnerschaft zur Stärke – mit Stärke zum Erfolg». 

Rund 500 Unternehmer und Fachleute engagieren sich nebenberuflich auf irgendeine Art für unsere Branchen. Was bringt die Miliztätigkeit für den/die Einzelne/n? 

Bernhard von Mühlenen: Ich bin immer wieder beeindruckt und begeistert, wie viele Personen sich trotz ihrer hohen beruflichen Belastung für die Verbandsinteressen und ihre Branche einsetzen. Ihr Engagement kann man nicht genug anerkennen. Als ausgewiesene Experten stehen sie in ihren Firmen an vorderster Front. Sie wissen genau, was punkto technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen läuft und gefordert ist. Die Verbandsarbeit ist manchmal auch eine willkommene Abwechslung, der Alltagsroutine zu entfliehen, den Kopf zu lüften und neue Horizonte und Blickwinkel zu entdecken. Die Milizmitarbeitenden profitieren zudem vom wertvollen Netzwerk und dem Wissensaustausch innerhalb des Verbands. Sie holen eine Zweitmeinung ein, teilen miteinander Erfahrungen, Freud und Leid. Darin liegt wohl der wahre, unbezahlbare Wert, der sie motiviert, sich für den Verband zu engagieren. 

Die Branchen Landtechnik und Metallbau unterscheiden sich in einigen Punkten. Wieso lohnt es sich für sie trotzdem, Teil des Dachverbands zu sein? 

Peter Meier: Das stimmt, unsere Branchen unterscheiden sich teilweise. Mit der Statutenrevision, die im vergangenen Jahr umgesetzt worden ist, sind die vier Sparten Gemeinsame Verbandsaufgaben (GVA), Bildungszentrum Aarberg (BZA), Agrotec Suisse und Metaltec Suisse noch eigenständiger und mit mehr Verantwortung unterwegs. Doch alle haben auch gemeinsame Interessen, die schwierig zu stemmen wären, müsste sich jede Sparte selbst um alles kümmern. Ein Beispiel ist unser topmodernes Bildungszentrum in Aarberg. Jährlich werden im BZA rund 4500 Kursteilnehmer der Landtechnik- und Metallbaubranche aus- und weitergebildet. Oder da ist der gemeinsame Landesgesamtarbeitsvertrag, den AM Suisse mit den Behörden und Sozialpartnern aushandelt und dabei die Anliegen und Interessen der Mitgliedsfirmen aktiv einbringt. 

Bernhard von Mühlenen: Die Mitgliedsbetriebe profitieren zudem von den Sozial- und Ausgleichskassen und von der Geschäftsstelle als zentralem Dienstleistungsanbieter für die gemeinsamen Verbandsaufgaben. Ich sehe noch mehr Gemeinsames unserer Branchen, beispielsweise bei der Berufsbildung und der Nachhaltigkeit. Dort sind der Metallbau mit seiner seit vielen Jahren gelebten Recycling- und Kreislaufwirtschaft und die Landtechnik mit der ständig verbesserten Entwicklung von ressourcen-, boden- und energieschonenden Maschinen und Geräten «on the top»! Das müssen wir in der breiten Öffentlichkeit vermehrt in den Fokus rücken. 

Digitalisierung und Technologie entwickeln sich rasant, die Anforderungen an die Berufsbildung verändert sich. Wie geht der Verband damit um? 

Peter Meier: Die Mitglieder in den Kommissionen sind gestandene Unternehmer. Sie wissen Bescheid über die neusten technischen Entwicklungen, was die Branchen brauchen, und bringen ihr Know-how ein. Wir können schnell auf Neuerungen reagieren. Diesen Wissenstransfer gilt es, in die Grund- und Weiterbildung einfliessen zu lassen. Wenn notwendig, müssen die Berufsbildungsverordnungen zusammen mit dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SFBI) angepasst werden. Das ist ein ständiger Prozess und gehört zu den Kernaufgaben der beiden Fachverbände.